Notizen vom Ende der unipolaren Welt – 88

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Mathias Broeckers

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Notizen vom Ende der unipolaren Welt – 88

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Dass Warlords und Heerführer gegen ihre Dienstherren aufbegehren ist seit tausenden Jahren ein historischer Klassiker. Nicolo Machiavelli fasste im 16. Jahrhundert diese Erkenntnis für die Neuzeit zusammen: “Söldner und Hilfstruppen sind nutzlos und gefährlich; und wer seinen Staat auf diese Waffen gründet, wird weder fest noch sicher stehen…” Nachdem Wladimir Putin in 48 Stunden den “Aufstand”  seines Söldnerführers Jewgeni Prigoschin beendete, kann davon ausgegangen werden, dass er seinen Machiavelli gelesen hat.  Die Hoffnungen, dass die “Wagner”-Truppe mit dem  “Marsch auf Moskau” (Spiegel)  Chaos in Russland stiftet und “Putin schwächt”, stellten sich als ebenso illusionär heraus wie der Glaube an die anderen westlichen Wunderwaffen, die an der Front weiter in Serie verschrottet werden. Weil Prigoschins lautstarke Beschwerden über das Verteidigungsministerium und die Kriegsführung in das westliche Narrativ von “Russlands Schwäche” passten, war er in den letzten Monaten zu einem westlichen Mediendarling avanciert, nachdem  zuvor  in den russischen Mediens seine Privatarmee wegen des Häuserkampfs in Bachmut als Helden gefeiert worden waren.
Schon 2016-2018 hatte Prigoschin als “Putins Koch” in den Westmedien Furore gemacht, weil er angeblich geholfen hat,  Donald Trump auf den Thron zu hieven:



“Das hat jetzt nach neun Monaten akribischer Recherchen der Ermittlungsausschuss unter dem ehemaligen FBI-Chef Mueller aufgezeigt, und 13 Russen angeklagt. Der Kopf der Wilden Dreizehn, ein reicher Gastronom, der auch „Putins Koch“ genannt wird, soll eine „Verschwörung“ zur Einmischung in den US-Wahlkampf finanziert haben, mit dem Ziel Hillary Clinton zu kritisieren und Bernie Sanders und Trump zu unterstützen. Dieser „Informationskrieg“, so der stellvertretende Justizminister Rod Rosenstein, hätte allerdings „den Ausgang der Wahl nicht beeinflusst“.

Wie bitte? Ein russischer Koch wird angeklagt, weil er Geld sammelte, um in den Social Media Anti-Clinton-Werbung für Sanders und Trump zu machen, was aber den Ausgang der Wahl gar nicht beeinflusst hat. Wahnsinn! – hätten wir noch Karneval käme an diesem Punkt der Büttenrede ein Tusch, wären wir in einer Seifenoper, käme die Lachmaschine vom Band – wir sind aber in der großen Politik und dürfen nicht lachen. Denn die Anklageschrift, so teilt das ehemalige Nachrichtenmagazin mit, „ist ein einmaliges Dokument: Erstmals erhält die Öffentlichkeit einen präzisen und detaillierten Einblick in den geheimen Wahlkampf russischer Agenten in den USA zwischen 2014 und 2016.“

Wow! Präzise und detailliert kann man da nachlesen, wie  die  Wilde 13 doch tatsächlich Twitter- und Facebook-Accounts unter falschem Namen eröffnet und Anti-Hillary-Botschaften gepostet hat – und sogar „über hundert Amerikaner“ kontaktiert haben soll. Und das mitten im Wahlkampf, dessen Ausgang davon aber nicht tangiert wurde. Wahnsinn, diese russischen Agenten! Großspurig angekündigte und kläglich gescheiterte Vorhaben werden ja gern als Tiger bezeichnet, die als Bettvorleger enden. Aber das wäre in diesem Fall übertrieben. Nicht der Tiger, der in 9 Monaten Großermittlung auf allen Kanälen täglich „Russiagate“ fauchte, sondern der Bettvorleger….”

Die “Russiagate”-Farce, die auf diesem Blog schon seit 2017 als Fake porträtiert wurde, hat sich mittlerweile als lupenreine Staatsverschwörung erwiesen, bei der Geheimdienste, FBI und Regierung mit dem Team Clinton kooperierten, um den Kandidaten Trump zu schädigen. Was hinter der Putsch-Farce von Prigoschin steckt, ist derzeit noch ziemlich unklar, dass er allein auf die irre Idee gekommen sein soll,  mit ein paar hundert Mann nach Moskau zu marschieren, um den Verteidigungsminister zu “erwürgen” – und sich davon Erfolg zu versprechen – scheint mir unwahrscheinlich. Auch wenn ihm sein  Social Media Ruhm und die Reputation seiner “Musikanten” als beinharte, blutige Einsatztruppe vielleicht zu Kopf gestiegen sein könnte. Dass er von MI6 oder CIA einfach mit Geld zu einem Seitenwechsel überredet wurde, scheidet als Motiv eigentlich auch aus, weil er als Oligarch eigentlich schon genug davon hat. Sah er sich ungerecht behandelt, weil seine Söldner  der Befehlsgewalt des russischen Militärs unterstellt werden sollen? Oder war das alles nur Theater, eine zweitägige Putsch-Operette ? Larry Johnson schreibt aus Washington (übersetzt mit DeepL.com)

“Mann… man konnte die Enttäuschung und Frustration spüren, die vom Washingtoner Establishment ausging. Das politische Äquivalent eines vorzeitigen Samenergusses. Gestern Abend (Freitag) konnte man das Knallen von Sektkorken und Popcorn hören, als sich Medien- und Geheimdienstmitarbeiter um Computerbildschirme drängten und auf Bilder eines verzweifelten Putin warteten, der nackt aus dem Kreml wegrennt. Biden und sein Team erinnern mich an Wiley Coyote, wenn ich an die Verzweiflung denke, mit der sie zusehen, wie ihre verrückten Pläne, Putin zu fangen, in die Hose gehen. (…)
Wie wäre es mit dieser Erklärung? Die ganze Putschgeschichte wurde erfunden, um die Verlegung russischer Streitkräfte in Gebiete nördlich und westlich von Woronesch zu ermöglichen, ohne dass die NATO-Planer Alarm schlagen. Russland verlegte seine Streitkräfte, um die Putschisten zu stoppen, und nicht, um Kräfte für eine neue Angriffsachse aufzubauen.

Für eine solche Variante würde sprechen, dass Putin dem aufständischen Prigoschin freies Geleit nach Weißrussland gewährte, wo er dann künftig, wenn ihm seine Privatarmee folgt,  näher an Kiew stationiert wäre als bisher.  John Helmer berichtet aus Moskau von  unbestätigten Gerüchten nach denen er sich nach Afrika begeben will, wo einige seiner Leute im Einsatz sind. Nach Ende der Show lies die CIA die Welt dann im Abspann wissen, dass man seit Mitte Juni über die Pläne der Meuterei  informiert gewesen sei.
Scott Ritter dazu (translated  deepl.com):

“Der entscheidende Punkt ist jedoch nicht Wagners verräterisches Verhalten, sondern die Tatsache, dass Russlands Feinde – insbesondere die britischen und amerikanischen Geheimdienste – es für richtig hielten, einen bewaffneten Aufstand mit dem Ziel zu unterstützen, die Regierung einer Atommacht zu entmachten. Stellen Sie sich nur einen Moment lang den gerechten Zorn vor, der in den Hallen des Kongresses und innerhalb der Mauern des Weißen Hauses zu spüren wäre, wenn der russische Geheimdienst sich aktiv verschworen hätte, um eine Organisation wie Blackwater auf Washington, DC, marschieren zu lassen, mit dem Ziel, Präsident Biden zu entmachten. Manche würden sagen, das wäre eine Kriegshandlung. Russland hätte nach seiner Doktrin jedes Recht, mit Atomwaffen zu antworten. Alle, die Prigozhin heute Morgen zujubeln, sollten sich das gut überlegen, während sie an ihrem Frühstück kauen.”

Wer Pipelines sprengt und Staudämme zerstört, dem sind auch solche Vabanque-Einsätze zuzutrauen. NATOstan steht mit der ukrainischen Proxy-Armee, der größten Landstreitmacht Europas, militärisch vor einer schweren Niederlage, an einen Durchbruch an der Front und Erfolg der “Gegenoffensive”glauben nur noch völlig  gehirngewaschene Phantasten – und  in derart verzweifelter Lage scheint  jedes noch so illusionäre Mittel als stabiler letzter Strohhalm. Und sei es eine Gestalt wie “Putins Koch”, und selbst dann, wenn seine “Offiziere” – die “Wilde Dreizehn” – bei der Show gar nicht mitmachen, sondern nur ein paar Matrosen…. und man ernsthaft einen Tag lag daran glaubte, den Kremlchef in Unterhosen zur Flucht in seinen Bunker zu treiben ?
Gegen diesen Marionettenaufstand nicht zu kämpfen, sondern ihn unbürokratisch – mit Exil für den Chef und Amnestie für seine Leute – zu erledigen, war ein souveräner Schachzug. Die Wagner-“Helden” werden weiter für Russland die militärische “Drecksarbeit” erledigen, ihr großmäuliger Boss ist ruhig gestellt und auf dem Schlachtfeld dreht sich der schreckliche Fleischwolf unbeirrt weiter. Und wird nicht aufhören, solange der Westen weiter Material liefert…

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Notizen vom Ende der unipolaren Welt – 87

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“Rope-A-Dope”  ist eine Boxkampftechnik, bei der sich ein Kämpfer in Verteidigungshaltung gegen die Seile des Boxrings lehnt und kaum Angriffsschläge austeilt, um den Gegner zu ermüden. Als ich das zum ersten Mal sah, 1974 beim Rumble in The Jungle, konnte ich es kaum  fassen: mein Held Muhammad Ali hing fast nur in den Seilen und der bärenstarke George Foreman drosch wie wild auf ihn ein. Sieben Runden lang ging das so, nur gelegentlich landete Ali harte Treffer im Gesicht des Gegners, das bald schwer ramponiert war.  Und dann wurde der amtierende Weltmeister Foreman tatsächlich müde, auch seine Verteidigung lies nach, Ali punktete mit Gegenschlägen und in der achten Runde schickte er ihn auf die Bretter: K.O.
Mir kam dieser Kampf in den Sinn, als ich von den horrenden Verlusten der ukrainischen Armee las, die weiter wie wild auf russische Stellungen einprügeln, mehr als 1000 Soldaten und Dutzende Panzer pro Tag verlieren , während die Russen sich im “Rope-A-Dope”-Stil zurücklehnen und auch mal ein paar Kilometer Steppe aufgeben, um sich besser verteidigen zu können. Wie einst Ali bekommen sie dabei zwar auch ein paar Schläge, aber keine wirklichen Schrammen ab, während ihr Gegner sein Pulver verschießt und der Nachschub an Menschen und Material ermüdet.  Ali und Foreman wurden später ja noch gute Freunde, während des Kampfs aber machte er ihn mit Neckereien immer wütender: “Ist das alles was du zu bieten hast?” soll er ihm zugeflüstert haben, nachdem George einen schweren Haken gelandet hatte, und so ähnlich, wenn auch diplomatischer, kann man Präsident Putin verstehen, der auf dem Petersburger Wirtschaftsforum dezent darauf hinwies, dass in den letzten Wochen fünf Patriot-Luftabwehrbatterien und 186 Panzer zerstört worden seien – und es den westlichen F-16-Jets, falls sie kommen, genauso ergehen würde. Gilbert Doctorow, der stets aufmerksam die russischen Talkshows anschaut, hat dazu aber noch ein wichtiges Detail entdeckt:

“Ein geduldiger und sachkundiger russischer Oberst im Ruhestand, der häufig Gast in einer Talkshow ist, erklärte, dass der Kreml derzeit genau überlegt, mit welchen Mitteln ein derartiger NATO-Luftwaffenstützpunkt zerstört werden könnte, und nicht, ob er es tun sollte. Und das wahrscheinliche Mittel werde der Einsatz taktischer Atomwaffen auf Ramstein oder welchen NATO-Stützpunkt auch immer sein. Wir können sagen, dass sich Deutschland in die Sackgasse einer Eskalation des Ukraine-Krieges begibt, wenn es mit dem F-16-Programm für die Ukraine weitermacht.Warum so viel Aufhebens um die F-16, fragen Sie sich. Schließlich hat Putin laut und deutlich gesagt, dass Russland die F-16 in der Luft ebenso zerstören wird, wie es die Leopardenpanzer und die amerikanischen Panzerwagen Bradley zerstört und die laufende ukrainische Gegenoffensive zurückgedrängt hat. Um es besser zu verstehen, müssen wir dem guten Oberst noch einmal danken. Er machte uns auf ein wichtiges Detail aufmerksam, das in der New York Times nicht erwähnt wird: Die ersten F-16, die der ukrainischen Luftwaffe geliefert werden sollen, stammen aus Belgien und Dänemark und sind alle atomwaffenfähig, was kein notwendiges Merkmal dieser Flugzeuge ist. Da die Russen nicht in der Lage sind, zu bestimmen, welche Art von Munition die “ukrainischen” F-16 in das Kriegsgebiet liefern werden, müssen sie davon ausgehen, dass sie taktische Atombomben mit sich führen, die auf die Truppenkonzentrationen der russischen Armee abgeworfen werden sollen. Die Auswirkungen eines solchen Angriffs könnten verheerend sein, daher die russische Bedrohung der Luftwaffenstützpunkte, von denen aus solche Flugzeuge gestartet werden.
(..)

Schließlich gab uns der Oberst einen unschätzbaren Einblick in die Veränderungen der russischen Denkweise über taktische Atomwaffen, die wir andernfalls verpasst hätten. Ich denke dabei an Putins Antwort auf die Frage, ob Russland im ukrainischen Kriegsschauplatz taktische Atomwaffen einsetzen würde. Putins lautes und klares “Nein” war natürlich eine Antwort auf die Vorschläge von Sergej Karaganow für präventive und lehrreiche Nuklearschläge in seinem gerade veröffentlichten Essay in der Zeitschrift Russia in Global Affairs. Wie ich berichtet habe, hat Putin weiterhin gesagt, dass Russland keine Notwendigkeit hat, durch einen Präventivschlag Gewalt an den Tag zu legen, weil jeder weiß, dass es über viel mehr taktische Waffen verfügt als der Westen. Und während die Vereinigten Staaten Gespräche über die Reduzierung der Arsenale an solchen Waffen gefordert haben, wird Russland diese Gespräche nicht aufnehmen und sagt dem Westen: “fuck you”, wenn ich seine unhöfliche Bemerkung auf Russisch in entsprechendes Englisch mit vier Buchstaben übersetzen darf. Diese letzte Bemerkung brachte viele Russen im Publikum zum Schmunzeln. Aber es war nicht nur Theatralik, sagt der gute Oberst: Tatsächlich hatte Russland mit den Amerikanern über die Möglichkeit der Reduzierung der Vorräte gesprochen, aber jetzt, im Kontext des NATO-Stellvertreterkrieges, hat es nicht die Absicht, solche Gespräche wieder aufzunehmen.Damit schließe ich die heutige Umfrage über unseren kläglichen Fortschritt auf dem Weg zum Weltuntergang ab.”
https://gilbertdoctorow.com/2023/06/19/tactical-nuclear-weapons-latest-news-from-russia/

Dass Putin immer und ausschließlich lügt – sagen bekanntlich dieselben, die seit März 2022 behaupten, dass Russland die Raketen ausgehen und nur noch ein paar Javelins, HIMARS, Bradleys, Leopards, F-16 zum Endsieg über die Ruskies fehlen. Und noch immer nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass ihre “modernen” Waffen ebenso wie die “NATO-trainierten” Truppen en masse eliminiert werden. Weil Russland nicht nur was Munition, Material und Manpower betrifft überlegen ist, sondern auch technisch, industriell und logistisch, weshalb es auch  US “boots on the ground” an  dieser Front nicht anders ergehen würde als den armen Ukrainern, die dort jetzt zur Schlachtbank getrieben werden. Ohne Kontrolle und Verteidigung des Luftraums sind anrollende Panzer und Artillerie-Brigaden kaum mehr als Tontauben und für Drohnen, Hubschrauber und Raketen derart dankbare Ziele, dass die ukrainischen Attacken der letzten Wochen an keiner Stelle auch nur bis zur ersten russischen Verteidigungslinie vorstoßen konnten. Was heißt, die “Rope-A-Dope”-Strategen mussten sich bisher noch nicht einmal in die “Seile” – ihre zweite und dritte Verteidigungslinie – zurücklehnen, um diese Angriffe abzuwehren.
Unterdessen zeigte Putin einer Friedensmission afrikanischer Staatsmänner im Kreml den Entwurf des Friedensvertrags, den ukrainische und russische Unterhändler im vergangenen April in Istanbul ausgehandelt und unterzeichnet hatten – und dem man in Kiew, wo man ihn auf Drängen von Boris Johnson sofort in die Tonne trat und einen der Unterhändler ermordete, noch nachtrauern wird. Zugeständnisse wie eine eigene (militärisch neutrale) Armee, wird Russland der künftigen (Rest-)Ukraine kaum noch machen. Und mit jedem Tag wird ihre Verhandlungsposition schlechter, aber NATOstan-Boss Stoltenberg will weiter kämpfen lassen: den Konflikt “einfrieren” sei keine Lösung. Andererseits sagt er, dass die NATO keine Waffen mehr liefern kann, weil sie keine mehr hat.  Sein Counterpart Shoigu hat indessen vor der Idee gewarnt, die Krim mit westlichen Raketen anzugreifen, als Reaktion würden dann die ukrainischen  Entscheidungszentren attackiert.  Das heißt: Besuch von Mr. Kinzhal . Zelensky behauptet zwar stets, jede hyperschnelle Rakete abwehren zu können, aber persönlich darauf ankommen lassen sollte er es nicht. Ende Mai wurde schon das Zentrum des Militärgeheimdiensts in Kiew getroffen. Putin blufft nicht wenn er sagt, dass auch jedes andere Gebäude zerstört werden kann weil es keine Verteidigungsmöglichkeit gibt.

Russische Hardcore-Bellizisten und Kritiker, denen die “SMO” zu lasch ist,  fordern seit langem solche “Enthauptungsschläge” mit anschließendem Großeinsatz der Armee, doch im Generalstab und im Kreml sitzen gottlob keine Hasardeure. Dort ist man eher in Sorge – meint der britische Ex-Diplomat  Alaistar Crooke hier im Interview  Judge Napolitano – dass eine große “False Flag Operation” zu weiteren Eskalationen führt.
Anders als auf dem Schlachtfeld hat der Westen im Informationskrieg noch immer die Nase vorn  und kann sein Publikum in der Wahnidee wiegen, den realen Krieg zu gewinnen – indem unpassende Nachrichten unterdrückt werden. Wenn Putin Kriegsberichterstattern und Bloggern drei Stunden lang  Antwort steht – man stelle sich die Schwurbelorgie von Biden, Scholz oder Baerbock in einer solche Fragerunde vor – erfährt man in den Großmedien nichts: Als ob “Kenne deinen Gegner!” nicht Grundvorausetzung für jeden erfolgreichen Krieg wäre und es  völlig unwichtig ist, wie der Chef des gegnerischen  Lagers die Lage einschätzt und welche Ziele er vorgibt.
Kassieren ARD &Co. ihre öffentlichen Milliarden, um  der Öffentlichkeit solche Aussagen vorzuenthalten  ?  Sicher nicht (die Schweizer “Weltwoche” will demnächst eine Übersetzung veröffentlichen) , aber sie tun es. Sie sind keine Berichterstatter, sondern Kriegspartei, keine Journalisten, die sagen was ist, sondern Illusionisten, die  eine Fake-Realität generieren. In der dann  nicht Ramstein (und der drohende Atomkrieg) sondern Rammstein (und doofe Sexgroupies) ein Großthema sind, und unter Wasser nicht die  Nordstream-Täter, sondern ein vermisstes U-Boot wichtig ist. Und niemand mehr den Kopf schüttelt, wenn nach 10 erfolglosen Sanktion der EU nun das 11. Paket beschlossen wird und Panzer-Uschi nochmal 50 EU-Milliarden im schwarzen Loch Ukraine versenken will. Die Ignoranz, Arroganz und Inkompetenz, die das westliche Führungspersonal und seine Lautsprecher an den Tag legen, kann nur zu einem bitteren Ende führen…

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Notizen vom Ende der unipolaren Welt – 86

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“Die Führung des deutschen Konzerns Rheinmetall bestätigte die Absicht, ein Werk zur Panzerproduktion in der Ukraine zu bauen. Bitte genaue Koordinaten des künftigen Werks zuschicken. Danke!” twitterte Russlands Ex-Präsident Dimitry Medwedew am 10. Juni. Ein Vorschlag, der sinnvoll erscheint: warum die schweren Panzer durch ganz Europa an die Ostfront schippern, wo sie dann reihenweise verschrottet werden, wenn das auch gleich vor Ort erledigt werden kann ? Noch wird ja in den hiesigen Medien die “Speerspitze der Befreiungsoffensive”, die “sogar tauchen kann” , als Wunderwaffe bejubelt, und der deutsche Verteidigungsminister hat angekündigt, dass man bis zum Jahresende 100 Leoparden nachliefern will, de facto aber überleben die 1500 PS-Wuchtbrummen auf dem Schlachtfeld nur ein paar Stunden. Zum einen, weil sie keine Luftunterstützung haben und ein dankbares Ziel für Drohnen sind, und zum anderen, weil sie sofort in Minenfelder geraten, wenn die Minensuch-Fahrzeuge vor der Panzerkolonne zerstört sind – und der Rückweg durch Fernverminung versperrt ist. Die Bilder zerstörter Kolonnen sind keine Fake-News – für Leoparden ist diese Front eine tödliche Falle.
Muss man dann nicht, gleichsam zum Artenschutz der bedrohten Leoparden-Herde, der Ukraine Kampfjets und Hubschrauber liefern ? Das wäre sinnvoll, wenn diese edlen  Luftangreifer – F-16 genannt – wirklich etwas ausrichten könnten. Aber die Russen haben die formidablen S-300/S-400/S-500 – Luftverteidiger und die Pentagon-Ornithologen haben bei ihren “Wargames” berechnet, dass es zur Ausschaltung einer S-400-Batterie zwölf F-16-Vögel braucht, von denen elf nicht mehr heil zurückkommen. Insofern wundert es nicht, dass man zögert, sie einzusetzen – sie schlagen pro Stück mit 30 Mio. Dollar zu Buche. Zudem müsste für ihren Einsatz wahrscheinlich NATO-Personal eingesetzt werden, was bis zum letzten Ukrainer vermieden werden soll. Lange kann das aber nicht mehr dauern, wenn für die “Rückeroberung” von ein paar Kilometern Steppe so viel an Menschen und Material verheizt wird wie in der letzten Woche.

Und was dann ? Wenn dann angeblich kampfbereite polnische und litauische Truppen an die Front geschickt werden, erweitert sich die Kriegszone automatisch auf diese NATO-Länder – der Weltkrieg, den NATOstan angeblich vermeiden will, wäre dann in vollem Gange. Ich glaube nicht, dass es dazu kommt, weil die Wandermumie Joe Biden, die wiedergewählt werden will, sich nicht erlauben kann, reguläre US-Truppen in dieses Gefecht zu schicken. Aber die Hoffnung, die Pattstellung an der Front weiter aufrecht zu erhalten, ist äußerst trügerisch, wenn man in Rechnung stellt, dass die Russen immer noch eine relativ kleine  “Special Military Operation” führen und den Großteil ihrer Streitkräfte noch gar nicht eingesetzt haben.

Nur wer seinen eigenen Fake-News  (“Russland gehen die Raketen aus!” – März 2022 ) auf den Leim gegangen ist, wie die “BILD”-Zeitung, kann jetzt schreiben, dass “Russland stärker als erwartet” ist. Und nur wer wie die NATOstan-Bosse und Oberstrategen in Washington, London und Brüssel noch nie einen Krieg gewonnen hat und zuletzt von einer Barfuß-Truppe mit Kalaschnikows aus Kabul verjagt wurde, kann desaströse Einsätze wie diese “Gegenoffensive” planen und befehlen. Und in hybrider Ignoranz und Arroganz dabei übersehen, dass er es mit einem militärischen Gegner mindestens auf Augenhöhe zu tun hat. Dass die deutsche Leoparden-Herde so umstandslos geschlachtet wird, ebenso wie die meisten anderen westlichen Superwaffen, mag schwer zu schlucken sein, ist aber leider ein Faktum – ebenso wie die Tatsache, dass Russland die Raketen definitiv nicht ausgehen.
Was tun, um das Gemetzel so schnell wie möglich zu beenden ? Vor einem Jahr schrieb ich hier (Notizen*33), dass die anstehende Nachkriegs-Teilung der Ukraine sich wahrscheinlich entlang der politischen Grenze vollziehen wird, die bei der letzten Wahl vor dem Putsch 2014 von den Wählern gezogen wurde – und dass statt Panzern mit Wehrmachts-Kreuz eher die diplomatische Expertise aus Deutschland gefragt wäre, wie man ein Land möglichst zivilisiert und friedlich teilt. Auch wenn es so einfach wie mit BRD/DDR oder mit Süd,-und Nordkorea wohl nicht geht, weil Russland eine NATOstan-Präsenz in der Rest-Ukraine nicht akzeptieren wird. Mit militärischer Neutralität und dem Abzug von Mittelstrecken-Raketen aus Osteuropa wäre eine solche Teilung aber durchaus machbar, wobei ein solches Zugeständnis für die USA zur Zeit  noch nicht in Frage kommt.  Das sinnlose Schlachten wird also noch eine Weile weiter gehen – verhandelt wird  wahrscheinlich erst,  wenn alle Leoparden eliminiert und zigtausend Männer mehr getötet oder verletzt sind. Und die Sanktions-Orgien Deutschland und Europa noch tiefer in den ökonomischen Abgrund getrieben haben.

Einer unterdessen, Frankreichs Präsident Macron, scheint gecheckt zu haben, dass der Krieg und der neue Eiserne Vorhang, den das US-Imperium hochzieht, um Russland und China zu unterwerfen, sein Land wirtschaftlich ruinieren wird – und hat um Teilnahme am nächsten BRICS-Gipfel gebeten, der im August in Südafrika stattfindet. Dass Chinas “Belt and Road Initiative” derzeit weltweit im Highspeed-Tempo unterwegs ist – 151 Länder sind bereits dabei – und bei der Wirtschaftsunion BRICS+ Dutzende Länder Schlange stehen und mit der BRICS-Bank eine Alternative zum IWF und seinen economic hitmen am Start ist,  zwingt den Hegemon zum hybriden Krieg gegen jedes Land, dass sich dieser Union unter dem Motto “Make Trade Not War” anschließt. Dass Macron diesen Anschluss nicht verpassen will, wird in Washington mit Sicherheit als Verrat empfunden. Und was wird erst los sein, wenn auch andere EU-Mitglieder kapieren, dass man sich besser dem Rest der Welt anschließen sollte, statt als abgehängte  Kolonie des niedergehenden US-Imperiums zu enden ? Das wird auf jeden Fall spannend.

Eher zum Lachen (oder zum Gähnen) ist unterdessen die neueste Piourette der CIA zur Nordstrream-Saga, nach der sich jetzt die Hinweise auf eine Täterschaft der Ukraine verdichten, vor der über den niederländischen Geheimdienst auch die Deutschen vorab gewarnt worden sein sollen. Danach soll der Generealstabschef der ukrainischen Armee, General Valery Zaluzhny, für die Durchführung verantwortlich gewesen sein. Da dieser seit Wochen nicht mehr öffentlich aufgetreten ist und offenbar schwer verletzt oder krank ist, eignet er sich sehr gut als Sündenbock – und Ablenkungsmanöver der wahrscheinlichen  Täter, die Seymour Hersh im Pentagon ausfindig gemacht hat.

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Notizen vom Ende der unipolaren Welt – 85

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Der russische Verteidigungsminister Shoigu zog am Mittwoch eine – schreckliche – erste Zwischenbilanz der ukrainischen “Gegenoffensive” (übersetzt mit DeepL.com) :

Insgesamt beliefen sich die Verluste der AFU während der dreitägigen Kämpfe in allen Richtungen auf 3.715 Soldaten, 52 Panzer, 207 gepanzerte Kampffahrzeuge, 134 Kraftfahrzeuge, 5 Flugzeuge, 2 Hubschrauber, 48 Stück Feldartillerie und 53 unbemannte Luftfahrzeuge.
Leider haben wir auch einige Verluste zu beklagen. Bei der Abwehr der feindlichen Offensive durch die kombinierte Truppengattung sind insgesamt 71 Soldaten gefallen und 210 verwundet worden. Fünfzehn Panzer, 9 Schützenpanzer, 2 Kraftfahrzeuge und 9 Geschütze wurden getroffen.

Die Masters of War in NATOstan und ihre politischen Erfüllungsgehilfen, die ukrainische Truppen und Söldner weiter in diese Blutmühle schicken, sind kriminelle Psychopathen. Da auf einen gefallenen Soldaten üblicherweise etwa drei Verwundete kommen haben diese Kriegstreiber in den letzten drei Tagen über 15.000 Tote und Verletzte produziert. Auch 16 Leoparden sind laut russischen Angaben unter den Opfern, sowie ein Staudamm am südlichen Dnjepr bei Kherson, dessen Zerstörung weite Teile des Ufers überflutet hat. Auch wenn Kiew im PR-Krieg die Zerstörung den Russen vorwirft, erfolgte sie eher  von ukrainischer Seite, die den Kachowka-Damm schon im Herbst letzten Jahres massiv beschossen hatte.  Weil die Wasserversorgung der Krim davon betroffen ist,  hatte Russland für die Attacke auf den Staudamm wohl dasselbe Motiv wie für die Zerstörung von Nordstream: gar keins.

Verlustreiche Angriffe wie diese sind nichts anderes als Kamikaze – Operationen und ein Akt der Verzweiflung. Wer als Befehlshaber seine Soldaten in solche Angriffe schickt ist nichts anderes als ein Massenmörder. Auch wenn alle Zahlenangaben im Nebel des Kriegs nur “con multi grani sale” genommen werden sollten, waren und sind die russischen Angaben stets deutlich näher an der Realität als die triumphalistischen Meldungen aus Kiew, die in den westlichen “Nachrichten” als Fakten gemeldet werden.  Selbst wenn man von den oben zitierten Zahlen 50 % abzieht, ist die Realität noch schrecklich genug. Dass die Ratio der Artillerie-Einschläge in Bachmut und anderen Abschnitten der 1000 Kilometer langen Front seit Wochen mindestens 5:1, wenn nicht 10:1 zugunsten Moskaus liegt,  weil Kiew nicht genug Personal und zu wenig Munition hat, ist auch in der westlichen Presse kein Geheimnis. Da ohne Luftunterstützung Attacken motorisierter Brigaden und Panzer für einen wachsamen Verteidiger kaum mehr als ein Tontaubenschiessen sind – und die Ukraine schon  seit über einem Jahr über keine nennenswerte Airforce mehr verfügt – war der Ausgang dieser “Offensive” schon vor Beginn ziemlich klar. Was sind das für Generäle, die solche Kamikaze-Aktionen befehlen ? Auch wenn sie der Generalstrategie des Pentagons folgen – “Unterbreche niemals den Geldfluß” – stellt sich nicht irgendwann die Frage, wann es genug ist mit den Menschenleben, die man aus den eigenen Reihen dem Mammon opfert…. auch wenn es “nur” Ukrainer sind ?

Und wann es genug ist, mit der Materialverschrottung an dieser Front, wo eine millionenschwere “Wunderwaffe” nach der nächsten zerstört wird, wie jetzt auch das brandneue und 150-Mio. teure IRIS-T Luftabwehrsystem, das Deutschland geliefert hat.  Jemand sollte den NATO-Jungs mal erzählen, so Andrej Martinov, “dass moderne NATO-Airdefence auf dem heutigen Schlachtfeld in KEINER Konfiguration überlebensfähig ist, weil KEINES davon für modernen hochdichten Electronic Warfare, moderne Luftstreitkräfte, super- und hyperschallschnelle Waffen, die von hochentwickelten gegnerischen C4ISR eingesetzt werden, geeignet ist.” Nichtsdestotrotz tröten “Presstitutes” wie der CIA-Lautsprecher der Washington Post, David Ignatius,  dass der “D-Day” für die Ukraine naht und mahnt, “dass eine Armee manchmal große Risiken eingehen muss, um sich für einen möglichen Sieg zu positionieren.” In dasselbe Horn stößt Außenminister Blinken, dessen jüngste Rede Seymour Hersh so zusammenfasst: “Ich hasse Russen und lasse Blut fließen!” No risk, no fun – tausend Leichen am Tag sind nicht genug! Das Schlachtfest wird also fortgesetzt
Larry Johnson schreibt dazu:

“Wir sind Zeugen eines historischen Moments, der ebenso folgenreich ist wie die sowjetische Operation Bagration im Zweiten Weltkrieg, die den Nazis das Genick brach. Auch wenn das Ausmaß der Kämpfe und des Sterbens bei dieser Offensive in der Ukraine im Vergleich zu Bagration verschwindend gering ist, ist die strategische Wirkung vergleichbar. Das Scheitern der ukrainischen Offensive untergräbt nicht nur die Fähigkeit der Ukraine, in Zukunft folgenreiche Operationen durchzuführen, sondern entlarvt auch die NATO als zahnlosen, wenn auch bösartigen Leoparden.”

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Alle bisher erschienen “Notizen” hierWenn Sie die Arbeit an diesem Blog unterstützen wollen: kaufen, empfehlen, verschenken Sie meine Bücher. Vielen Dank!

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Notizen vom Ende der unipolaren Welt – 84

Posted on by Mathias Broeckers / 46 Comments

Dass Frieden und Krieg  so etwas wie die Gezeiten der Geschichte sind, für die nicht die jeweiligen  Kaiser, Feldherrn oder Führer verantwortlich sind, sondern Bewegungen der Massen, deren  Ursache nicht einzelnen Menschen, sondern wie Ebbe und Flut unsichtbaren Kraftlinien geschuldet sind – das wäre, kurz gefasst, der Kern der Geschichtsphilosophie Lew Tolstois, die er in seinem 1868 erschienenen  Epos “Krieg und Frieden” darlegt. Mit der französischen Revolution 1789 löst sich im Westen eine Welle, die nach Osten drängt, einen Napoleon an ihre Spitze setzt, die sich auftürmt und bis nach Moskau flutet – und dann 1812 zurück bis nach Paris, wo sie zum Erliegen kommt. Von der halben Million Soldaten die nach Russland strömten sind nur noch ein paar Zehntausend übrig.

Anders als Tolstoi, dessen “Krieg und Frieden” er als einziges Buch dabei hatte, als er als Frontberichterstatter der Armeezeitung  “Roten Stern” aus Stalingrad berichtete, glaubte Wassili Grossman nicht mehr wirklich an schicksalhafte höhere Mächte des Kriegsgeschehens – aber auch nicht mehr an die Unfehlbarkeit des Genossen Stalin und des ZK der KP, weshalb “Legende und Schicksal”, sein monumentales “Follow-Up” des Tolstoischen Epos, in Russland lange nicht erscheinen konnte. Wie sein Vorbild erzählt Grossman von einzelnen Menschen und ihren “kleinen” Ängsten im “Großen Vaterländischen Krieg”, von konkreten Nöten und Gefühlen im unfassbaren Schrecken des  Geschützhagels, dem gnadenlosen Vorrücken der Panzerkolonnen und Bomberattacken – und dann, wie in einem seiner Protaganisten, Krymow, mitten in Chaos und Verwirrung “ein Gefühl immer stärker, hell und klar wie das Tageslicht wird.” Es ist “das Gefühl der Verbundenheit der Männer”, die neben ihm die Böschung lang kriechen, das Gefühl der eigenen Kraft, die sich mit ihnen vereint. Auch wenn sie nur ihren Unterstand erfolgreich gegen einen deutschen Sturmtrupp verteidigt haben wird Kyrmow augenblicklich klar, dass sie den Kampf um Stalingrad gewinnen werden. Das zaghafte, zerbrechliche “Ich” wandelt sich zum kühnen “Wir” und neben diesem neuen Gefühl entsteht ein unerklärliches “Gespür für den allgemeinen Gefechtsverlauf und den Ausgang des Kampfes vorauszuahnen.” Damit ist Grossman ganz bei Tolstois schicksalhaften Mächten und Eingebungen, dem Geist, der die zusammengewürfelte Vielvölker-Sowjetarmee zu einer Einheit macht: “Im Begreifen dieses Übergangs besteht oft das, was dem Kriegshandwerk das Recht gibt, eine Kunst genannt zu werden.”

Etwas Besseres, als Lew Tolstois “Krieg und Frieden”   und Wassili Grossmans “Leben und Schicksal” zu lesen, kann man kaum tun, wo fast an gleicher Stelle ein ebenso mörderischer und sinnloser Krieg tobt wie vor 80 Jahren. Dass Russland dieses Mal den ersten Schuss abgegeben hat, kann man nur sagen, wenn man den Krieg im Februar 2022 beginnen lässt, und den seit dem Putsch in Kiew 2014 herrschenden Bürgerkrieg sowie den Vormarsch der NATO Richtung Russland seit 1997 einfach ausblendet. Weil die Russen das nicht tun, sehen sie wie 1811 ff. und 1939 ff. wieder eine anschwellende Welle von West nach Ost, die Russland überfluten und unterwerfen will – und man kann das nachvollziehen, wenn westliche Außenpolitiker Parolen wie “Russland ruinieren!” (A.Baerbock) ausgeben oder wie US-Senator Graham kundtun, dass es für sein Land kein besseres Investment gibt”  als “Russen zu töten” und dort schon Regierungs-Seminare veranstalten, wie Russland am Besten zerschlagen werden kann. Indes: das Fell zu teilen bevor der Bär erlegt ist, hat sich für die westlichen Imperatoren schon zwei mal als tödlicher Fehler herausgestellt. Und auch dieses Mal geht es schrecklich schief: die zur größten Landstreitmacht Europas aufgepäppelte ukrainische Armee , die die Krim und die Donbass-Region zurück erobern sollte, wird im Stellungskrieg zerrieben, die immer neuen westlichen “game changer” – Javelin, HIMAR, Switchblade, Storm Shadow, Patriot – werden an der Front reihenweise verschrottet und Tag und Nacht weitere Stützpunkte und Munitionsdepots eliminiert –  von Raketen, die den Russen laut den Angaben der westlichen Großstrategen schon seit einem Jahr ausgegangen sind. Jetzt wurde nach russischen Angaben – die Zentrale des Geheimdiensts GUR  in Kiew attackiert, wobei vermutlich eine hyperschnelle Kinzhal-Rakete zum Einsatz ( weitere Details bei Simplicius)  kam und auch den Bunker des Hauptquartiers samt zahlreichen Insassen eliminierte.

Die seit Jahresbeginn trompetete ukrainische “Frühjahrsoffensive” erstreckt sich bis dato auf einige abgefangene Mini-Drohnen auf Moskau und terroristische Überfälle auf zivile Dörfer bei Belogrod hinter der russischen Grenze – und ob sie im Sommer,  im Schatten des NATO Großmanövers “Air Defender 23” ab 12. Juni und des NATOstan-Gipfels im Juli, gestartet wird, ist jeden Tag fraglicher, wo die permanente Zerstörung von Hauptquartieren, Stützpunkten und Nachschubdepots kaum noch verhindert werden kann.
Und so werden, abgesehen von psychopathischen Kriegstreibern wie Lindsey Graham, der für die Gegenoffensive eine  “impressive show of force” verspricht, die bellizistischen Töne in Washington auch  deutlich leiser. Die brutale Realität funkt den Propagandaphantasien immer häufiger dazwischen, sodass selbst ausgewiesene Völkermörder wie der 100-jährige “Bloody Henry” Kissinger vor weiteren Eskalationen warnt. Dabei machen seine Nachfolger als Strategen und Präsidentenberater nur weiter, wo er nach den Massenmorden in Kambodscha aufgehört hat: nach einer neuen Studie der Watson-Brown-University haben Georg W. Bush und Barack Obama  mit ihren Kriegen  (Afghanistan, Pakistan, Irak, Syrien, Libyen, Yemen) 4,5 – 4,6 Millionen Menschenleben auf dem Gewissen. Frieden wurde durch keinen dieser Kriege gewonnen, militärisch ist das US-Imperium mit seiner NATOstan-Schlägertruppe überall gescheitert – und es wird auch jetzt damit scheitern, seine Raketen auf der Krim und vor der russischen Haustür aufzustellen.

Schaut man auf diese mörderische Bilanz, könnte man den Eindruck gewinnen, dass das Zeitalter der Menschenopfer auf der Erde noch nicht zu Ende ist. Was der globale Hegemon zur Verbreitung seines Aberglaubens (“Demokratie”, “Freiheit” ) in den letzten 20 Jahren sinnlos abgeschlachtet hat, stellt die gesamte “unzivilisierte” Vorzeit  in den Schatten. Es nennt sich “regelbasierte internationale Ordnung” und ist Barbarei “at it`s worst”. Wen wundert es da noch, dass der Russe diesem “Freund”, der sich natürlich nur in “friedlicher Absicht” vor seiner Haustür niederlassen will, nur so weit traut wie er seine Waschmaschine werfen kann…(die bekanntlich nicht mehr funktioniert, weil Putin schon alle Chips ausbauen lassen musste, für die Steuerung von Raketen (-; )… und dass es nicht viel Überzeugungskraft und Propaganda braucht, um in Russland eine “Vaterländischer Krieg” 3.0 -Stimmung aufkommen zu lassen. Das Gefühl einer gewaltigen Welle von West nach Ost, die sich wie in den beiden Jahrhunderten zuvor bedrohlich vor ihnen auftürmt.

Als es in Stalingrad einem Rotarmisten wegen des permanenten Bombardements der Deutschen Angst und Bange wird, sagt ihm ein Kamerad: “Je mehr sie angreifen, umso stärker werden wir.” Und Ähnliches scheint sich aktuell in Russland  abzuspielen, wie Scott Ritter, der ehemalige UN-Waffeninspekteur nach einer Reise berichtet: die russische Wirtschaft brummt, die Leute “danken Joe Biden für die Sanktionen, weil die Oligarchen ihr Geld nicht mehr nach Westen schaffen können, sondern  im Land investieren: der Krieg hat Russland stärker gemacht.

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3.JT #92: Who is WHO?

Posted on by Mathias Broeckers / 29 Comments

https://www.youtube.com/embed/5_BWSlb_h7M?version=3&rel=1&showsearch=0&showinfo=1&iv_load_policy=1&fs=1&hl=German&autohide=2&wmode=transparentDie Weltgesundheitsorganisation WHO will zur globalen Gesundheitspolizei werden und schiebt einen neuen Pandemievertrag voran, der es in sich hat. Wer ist denn eigentlich die WHO?Außerdem: Der politische Prozess gegen Prof. Bakhdi ist nicht so ausgegangen wie die Zeugen Coronas es sich erhofft hatten, aber die Staatsanwaltschaft legt nach. Wir waren bei der Verhandlung für Euch dabei. Und: Im Krieg mit Russland erhält die Ukraine immer neue und teure Waffen aus dem Westen – aber bringen die irgendwas? Über all das und mehr berichten Robert Fleischer, Dirk Pohlmann und Mathias Bröckers in der 92. Ausgabe des 3. Jahrtausend

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Notizen vom Ende der unipolaren Welt – 83

Posted on by Mathias Broeckers / 47 Comments

Ich habe ja schon 2018 davor gewarnt, sich mit Russland militärisch anzulegen, weil es über Waffen verfügt, gegen die es keine Verteidigungsmöglichkeit gibt (Don`t mess around wich Ivan! ). Natürlich vergeblich, weil solche Hinweise nicht bei der  Regierung, sondern nur bei den Lesern dieses Blogs ankommen – und bei den Großmedien als “Putinpropaganda” sofort im Giftschrank landen. Auch einige meiner Freunde fragten, nachdem ich 2019 und 2022 noch einmal auf Kinzhal & Co. aufmerksam gemacht hatte, warum ich neuerdings von “Wunderwaffen schwärmen” würde, wobei ich nicht Schwärmerisches darin erkennen konnte auf eine Neuerung hinzuweisen, die möglicherweise kriegsentscheidend ist.  Mit einem Gegner zu kämpfen, der über einen Punch verfügt, den  man nicht verteidigen kann, wäre so  dumm, dass nur Masochisten sich darauf einlassen – oder Unwissende, die ihm einen solchen Schlag gar nicht zutrauen. Und wenn doch, sich keinerlei Sorgen machen, weil sie schließlich über die beste und teuerste Abwehrtechnik der Welt verfügen.
Nachdem Anfang der Woche in Kiew zwei “Patriot”-Luftabwehrsysteme (Stückpreis 300-500 Mio. Dollar) von hyperschnellen Kinzhal-Raketen eliminiert wurden – laut CNN wurden sie nur “beschädigt”, sind de facto aber mit ziemlicher Sicherheit aber hinüber  – dürfte beim NATOstan-Coach in der blau-gelben Ecke ziemliches Kopfkratzen darüber eingesetzt haben, ob  und wie lange man den ukrainischen Fighter noch im Ring lassen kann.  Oder ob sich möglichst elegant und profitabel das Handtuch werfen lässt, weil man einen solchen Gegner nicht weiter ärgern sollte. Denn am Ende des Tages haben wir über dem Weissen Haus, der Downing Street, dem Kanzleramt und den NATOstan-Quartieren ja auch nichts anderes als die formidable “Patriot”-Airdefence. Sowie unsere “Geparden”, die in Kiew zum Schutz der “Patriots” vor Drohnen und “normalen” Raketen platziert waren und auch ein 1a Feuerwerk veranstalteten – ohne irgend etwas auszurichten.  Und wären nicht – siehe Grafik der Fantasy-Abteilung der ukrainischen Air Force – nicht mindestens drei mal so viele russische Raketen abgefangen  worden wie überhaupt geflogen sind in dieser Nacht, wäre schon alles aus. Der “Ghost of Kiev”, der schon ganz zu Anfang des Kriegs die russische Luftwaffe quasi vernichtete, hat zumindest die Propaganda gerettet. Was höchstwahrscheinlich tatsächlich geschehen ist, erfahren wir in der oben verlinkten “Anatomy of MIM-104 Patriot Destruction + Primer on Kinzhal Hypersonic Missile” auf dem Blog von Simplicius.

Während auf “MoonOfAlabama” gerade gemeldet wird, dass die “Festung Bakhmut” (V.Zelensky) gefallen und in russischer Hand ist, gab es im Forum dort gestern  eine interessante Analyse aus russischer Sicht,  die ich mit deepl.com übersetzt habe.

Die russische Armee war keine unaufhaltsame Kraft, wie ich anfangs dachte, aber sie hat sich bisher auf wundersame Weise durchgesetzt. Zu einem hohen Preis. Sie hat sich im Eiltempo neu erfunden und musste dies zuweilen unter dem Eindruck sehr scharfer und spitzer Kritik tun.

Geschrieben von: uncle tungsten | 18. Mai 2023 10:58 utc | 246

Lieber Onkel:
Ihr Beitrag enthält Punkte, die für das Verständnis des aktuellen Konflikts entscheidend sind.

Die RF begann die SMO mit einer relativ kleinen Truppe, die gegen die größte Armee Europas kämpfte, eine Armee, die von 8 Jahren NATO-Ausbildung profitierte (Kanada hatte seine Ausbilder in 404 im Einsatz, bevor das Blut vom Maidan Nezalezhnosti, dem Unabhängigkeitsplatz, abgewaschen war)

Helmuth von Moltke, Chef des preußischen Generalstabs und der Mann, der für den deutschen Sieg im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 verantwortlich war, lehnte die Ehre ab, mit Napoleon und Friedrich dem Großen verglichen zu werden, “denn ich habe noch nie einen Rückzug, das schwierigste aller militärischen Manöver, durchgeführt”. Die RF hat zwei dieser “heikelsten aller militärischen Manöver” durchgeführt. Das erste war der Rückzug aus Cherson, bei dem nicht nur die gesamten Streitkräfte der RF, sondern auch der größte Teil der Zivilbevölkerung befreit wurde. Beim gleichzeitigen Rückzug aus Charkow hat sich die leichte Infanterie der RF erfolgreich gegen eine in Größe und Ausrüstung überlegene UAF-Truppe zurückgezogen.

Wie Sie richtig bemerken, hat sich die RF “auf der Flucht neu erfunden”. Meines Erachtens haben sie die Battalion Tactical Group (BTG) als ineffektiv empfunden und sind zu einer neu gestärkten Divisionsstruktur übergegangen, die eine Reihe von Ressourcen wie AD-, EW- und ISR-Drohnenkräfte zusammen mit einer normalen Ergänzung von Artillerie, Panzern und Infanterie vereint.

Was weitgehend unbemerkt geblieben ist, ist die Tatsache, dass in den letzten sechs Monaten alle Vorstöße der RF in erster Linie von Wagner, einer leichten Infanterietruppe, erzielt worden sind. Dies wirft die Frage auf, was geschehen wird, wenn die neu erfundene(n) “schwere(n) Division(en)” der RF endlich ins Feld ziehen.

Ich glaube, dass die folgenden Aussagen zutreffend sind:

1) Wagner wurde eingesetzt, um der RF eine Atempause zu verschaffen, damit sie sich in einer Form neu formieren kann, die für den gegenwärtigen Konflikt besser geeignet ist. Obwohl es sich um leichte Infanterie handelt, hat das Orchester einige der besten UAF-Einheiten besiegt.

2) Die “Theatralik” von Wagner diente dem Zweck, die Aufmerksamkeit auf Wagner zu lenken (haben Sie etwas über die regulären Streitkräfte der RF gehört? Über die Umrüstung und Umschulung?) und den Eindruck von Konflikten und Inkompetenz in den höheren Rängen der RF zu erwecken (maskirovka, um den Westen zu veranlassen, den Gegner zu unterschätzen und zu glauben, die NATO stehe kurz vor dem Sieg).

3) Da NATOstan aufgrund von Bestätigungsfehlern glaubt, sie stünden kurz vor dem Sieg, lehnten sie eine direkte Beteiligung an dem Konflikt ab. Im Wesentlichen schuf die Reaktion  NATOstans eine “Atempause”, die es der RF ermöglichte, ihre Streitkräfte umzustrukturieren, ihre militärische Produktion zu erhöhen, eine langwierige kombinierte Waffenausbildung sowohl für neue Soldaten als auch für die Offiziersriege durchzuführen und gleichzeitig sowohl die Streitkräftestruktur als auch die Logistik zu schaffen.

4) Ich glaube, dass die jüngste Zerstörung der Patriot-Batterie ein wichtiger Wendepunkt in diesem Konflikt ist. Ob sie es zugeben oder nicht, die hochrangigen Entscheidungsträger der NATOstans müssen sich der Tatsache stellen, dass die RF bewiesen hat, dass sie in der Lage ist, die modernsten Waffen, die die NATO-Staaten liefern können, zu kastrieren. Die führenden Politiker  NATOstans denken jetzt: “Wir werden den herannahenden “Dolch” nicht sehen. Wir werden erst wissen, dass er da ist, wenn Big Ben zusammenbricht, unsere Rüstungsfabriken zusammenbrechen, unsere Flüssiggas-Häfen zu Feuerbällen werden und unsere Flotten auf den Grund unserer Häfen sinken.”

5) Es ist wahrscheinlich, dass NATOstan bald eine Friedensregelung anstreben wird. Die RF wird darauf antworten, dass sie niemanden finden kann, mit dem eine solche Einigung ausgehandelt werden kann. NATOstan ignoriert die UN-Charta, es ignoriert die Bestimmungen der NATO-Charta, es hat an den Minsker Vereinbarungen unter falschen Voraussetzungen teilgenommen, es hat den Sturz und die Zerstörung Russlands befürwortet, es hat keine Probleme mit Erklärungen über völkermörderische Absichten wie die Tötung aller Russen, wo immer sie zu finden sind, geäußert. Russland wird wahrscheinlich erklären, dass es erst dann in Friedensverhandlungen eintreten wird, wenn eine unabhängige, blockfreie Staatengruppe den MH-17-Zwischenfall, die Zerstörung von Nord Stream, die Skripal-Affäre, das Kriegsverbrechen von Buka, das Massaker von Odessa, die Verwicklung der USA in die Morde auf dem Maidan, den Sturz einer demokratisch gewählten ukrainischen Regierung durch die USA, die Nichteinhaltung früherer Zusagen des Westens in Bezug auf die NATO-Erweiterung und das Vordringen von  NATOstan an die russisch-finnische Grenze untersucht und sich dazu äußert (….)

Stay safe.
Cheers.

Posted by: Sushi | May 18 2023 18:53 utc
https://www.moonofalabama.org/2023/05/ukraine-open-thread-2023-119.html#comments

Da Bakhmut eine Art Dominostein ist, dessen Fall mehr als nur eine taktische Niederlage bedeutet, wird es spannend werden, ob und wie NATOstan jetzt Verhandlungen einzufädeln versucht. Oder – wie ein ahnungs,- und hemmungsloser  ZDF-Waffenverkäufer (“Militärexperte”) vorschlägt – noch ein paar F-16-Jets (Stückpreis 60 Mio.) in die Schlacht wirft, um die  S-400 ein wenig zu füttern. Den Russen dürfte es recht sein – “Demilitarisierung” ist ja ihr primäres Kriegsziel….

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Notizen vom Ende der unipolaren Welt – 82

Posted on by Mathias Broeckers / 45 Comments

Ob dieses Schild wirklich von “german farmers” an der Autobahn aufgestellt wurde, kann ich nicht überprüfen, es kursierte am 10. Mai auf Twitter, Signal und Telegram. Einen “Faktencheck”  – dass es sich um eine Fotomontage handelt, dass laut Polizei und Bundesverkehrsministerium an Straßenrändern nichts dergleichen gesichtet wurde oder dass mit diesem Fake (von “russischen Hackern” ?) nur deutsche Bauern diffamiert werden sollen, die so etwas niemals plakatieren würden – habe ich noch nicht entdeckt.  Werde aber per update nachreichen, falls sich die Frage klärt und möglicherweise sogar ein Staatsanwalt eingreifen muss, weil die Aufforderung, Amerika zu stoppen, einem strafbaren Gutheißen des “russischen Angriffskriegs” gleichkommen könnte. Hinweise auf Russlands ruhmreiche Siege über Napoleon und Hitler sind zwar noch nicht justiziabel, im bellizistischen Meinungskorridor aber schon  hart an der Grenze zu unbotmäßigen Sympathisantentum und Feindpropaganda. Dennoch gilt: wer sich an die Geschichte nicht erinnert, ist gezwungen sie zu wiederholen.
Im vergangenen November hatte ich mir die Neuübersetzung von Lew Tolstois “Krieg und Frieden” auf den Nachttisch gepackt und bin durch die 2200 Seiten noch immer nicht ganz durch. Es ist faszinierend zu lesen, wie und warum es den Russen trotz Chaos, Intrigen und Planlosigkeit gelang, die größte und modernste Armee der damaligen Welt zu besiegen und samt ihres “genialen” Strategen, der schon ganz Europa unterworfen hatte, nach Paris zurück zu jagen. Den entscheidenden Faktor für diesen unglaublichen Erfolg kann auch Tolstoi am Ende nicht benennen, er sieht ihn im “Geist” der Armee: “Der Geist einer Armee ist der Faktor, der multipliziert mit der Masse die resultierende Kraft ergibt. Die Bedeutung dieses unbekannten Faktors – des Geistes einer Armee – zu definieren und auszudrücken, ist ein Problem für die Wissenschaft.”
Es ist wie beim Fußball, Mannschaftsgeist und Teamspirit kann man nicht kaufen  – er ist immateriell  und funktioniert nach Regeln, die nicht so genau bekannt sind. Dieser Geist ist kein mechanischer “Turbo”, der bei Bedarf eingeschaltet werden,  und  alle Tricks und Methoden, ihn zu beschwören und zu fördern sind keine Garantie, dass er das Team, die Mannschaft, die Armee auch erfasst. Auch Carl von Clausewitz,  der nach der Niederlage Preußens gegen Napoelon in russische Dienste getreten und an dem gesamten Feldzug  teilgenommen hatte, konnte in dem Sieg Russlands nicht den Erfolg eines Plans, einer besonderen Strategie oder gar eines Genies auf Seiten der obersten Feldherrn erkennen. Wie noch einige andere preußische Militärberater des Zaren hat auch Clausewitz einen  Kurzauftritt in “Krieg und Frieden”, als einer der Protagonisten, Fürst Andrej, eine seiner Thesen –  „Der Krieg muss in den Raum verlegt werden! Der Ansicht kann ich nicht genug Preis geben.“  –  wütend kommentiert :„Ja,in den Raum verlegen. Mein Vater und mein Sohn und meine Schwester in Lyssje Gory, die sind im Raum. Ihm ist das einerlei. Diese Herren Deutschen da werden morgen die Schlacht nicht gewinnen, sondern nur Schaden anrichten, soviel in  ihren Kräften steht,weil in ihren deutschen Schädeln nichts drinsteckt als abstrakte Theorie, die kein hohles Ei wert ist.“ Auch wenn er von Tolstoi abgewatscht wird, haben wir dank Clausewitz eine akribische Beschreibung des Feldzugs von 1812 in Russland – und dessen, was der “Geist einer Armee” gegen einen überlegenen Gegner ausrichten kann,  und welchen Schaden die Hybris und Arroganz anrichten, diesen Faktor zu unterschätzen.
Als Clausewitz` Nachfolger unter Hitler dann den Krieg in den russischen “Raum” verlegen,  ohne sich an diese Geschichte zu erinnern,  wiederholt sie sich: es ergeht es ihnen genauso wie 130 Jahren zuvor den Franzosen. So wie 1812 das Dorf Borodino, 100 Kilometer westlich von Moskau, von keinem Strategen ausgesucht worden war, zum Ort der blutigsten Schlacht des 19. Jahrhunderts zu werden, spielte der Ort Stalingrad Anfang 1942 weder in den strategischen Plänen der angreifenden Wehrmacht noch bei den verteidigenden Russen eine bedeutende Rolle. Nachdem sie in die Donbass-Region vorgedrungen waren, und die größten  Kohle,-und Stahlbetriebe Russlands unter ihre Kontrolle gebracht hatten, wollten sich die Deutschen nun die Ölfelder im Kaukasus sichern. (Damals wie heute hat “Get The Oil !” hat bei Imperatoren stets Priorität.)

Nach dem “Unentschieden” in Borodino, bei denen beide Armeen 40-50.000 Mann verloren hatten, konnte Napoleon kampflos in Moskau einziehen, weil sich die Russen noch hinter ihre Hauptstadt zurückgezogen hatten – und wunderte sich fünf Wochen lang. So wie die deutschen Panzertruppen, die in der Steppe am  Don wochenlang herumkutschierten  und auf keinen Feind trafen: “Oberkommando… will einen Feind einkreisen, der nicht mehr da ist” , konstatierte Feldmarschall von Bock, der von Hitler daraufhin entlassen wird. Dass sich der schwer angeschlagenen “Feind” nur zurückzieht, um seine Mannschaft zu verstärken und  den “Geist” aufzufrischen, kam dem Generalstab nicht in den Sinn. Tolstoi erzählt sehr schön von der Konsternierung Naploeons, dass ihm der “Feind” kein klassisches Gefecht mehr bot und Moskau zum Plündern überließ. Dass eine Armee, die nicht mehr in Mantel und Degen fechten kann, “zum Knüppel greift” konnte er sich nicht vorstellen.  So wie die Deutschen, die niemand vorfanden, um ihn mit ihren Panzertruppen in die Zange zu nehmen und frohgemut weiter vorrückten. Bei Stalingrad zwischen Wolga und Don eine Sperre zu errichten, um die Roten Armee vom Kaukasus und dem Öl abzuschneiden, mag ein logischer Plan gewesen sein – so wie Napoleons Besetzung von Moskau – doch beide Male wurde er zur tödlichen Falle. Weil nicht nur die französische Armee, sondern auch die Wehrmacht bei ihrem Vormarsch schon zu sehr geschwächt war, um den großen – größenwahnsinnigen – Plan noch umzusetzen. Und nicht auf der Rechnung hatte, dass die zurückgeschlagenen, aber nicht geschlagenen Russen zum “Knüppel” greifen und sie vernichten könnten.

Die südliche Frontlinie liegt am 1. Mai 2023 (Bild links) nur wenig  anders als am 1. Mai 1942 (Bild oben), statt am Don wird jetzt etwas weiter östlich an Dnieper gekämpft und aktuell sieht der große – größenwahnsinnige – Plan der aus Washington und London dirigierten ukrainischen Truppen vor, sowohl die russisch kontrollierte Donbass-Region wie auch die Krim zurück zu erobern. Sowie, in den letzten Tagen nochmals unterstrichen und betont, die Ukraine in die NATO aufzunehmen – also an dem klar definierten “No Go” Russlands ausdrücklich festzuhalten, das im Zentrum des ganzen Konflikts steht. Bei aller Ignoranz wohl wissend, dass der “Knüppel” nicht mehr, wie zu Tolstois Zeiten, aus Spießen und Mistgabeln besteht, sondern aus Nuklearbomben. Am Ende eines solchen Kriegs kann dann nur die garantierte gegenseitige Vernichtung stehen, und man kann nur beten, dass das  “Gleichgewicht des Schreckens” hält.

Mittlerweile scheint die ukrainische Frühjahrsoffensive begonnen zu haben – mit Cruise Missiles (vermutlich die neu gelieferten britischen “Storm Shadow”)  auf Luhansk, Vorstössen am Rand des umkämpften  Bakhmut und Attacken an der gesamten Frontlinie.  Und während Kiew diese “Erfolge” feiert, und die “Bild”-Zeitung –  “Russentruppen in Panik!” –  schon in “Endsieg”-Stimmung ist, meldet Moskaus Verteidigungsministerium, dass die Angriffe am 11. Mai mehr als 1.500 ukrainische Soldaten das Leben gekostet haben. Wie weit das übertrieben ist, lässt sich im Nebel der Propaganda schwer sagen, aber sicher war es der opferreichste Tag in diesem Krieg – und sicher nicht der letzte. Wenn der Beschuss mit weitreichenden Raketen  hinter die russische Frontlinie weitergeht und der Chef der  privaten “Wagner”- Truppe, die im Häuserkampf in Bakhmut steht, noch weitere Brandreden Richtung Verteidigungungsministerium wegen mangelnder  Unterstützung twittert, muss der Kreml reagieren. Und Kiew ist im Zugzwang, der erfolgreichste Fundraiser aller Zeiten, Präsident Zelensky, muss liefern, auch wenn es nur Kanonenfutter ist – bis zum letzten Ukrainer. Und zum letzten deutschen “Leopard”-Panzer, die jetzt erstmals an der Front gesichtet wurden, mindestens einer ist schon hinüber; Deutschland will jetzt weitere Waffen für 2,7 Milliarden Euro nachliefern, darunter auch 30 zusätzliche “Leos”.  Es wird ihnen, befürchte ich,  wenig anders ergehen als den anderen westlichen “Wunderwaffen”, die als “Gamechanger” schon in die Schlacht geworfen wurden. Von Bonapartes 1372 Geschützen kamen seinerzeit nur 150 zurück, von Hitlers weltgrößter Panzerarmee rein gar nichts. Und wie es scheint, sind die Russen auch jetzt wieder gut  dabei, selbst wenn wir unter Propagandavorbehalt 20,  30,  oder 50% von ihrer aktuellen Verschrottungsliste (Stand 13.5.) abziehen:
“In total, 424 airplanes, 231 helicopters, 4,117 unmanned aerial vehicles, 421 air defence missile systems, 9,119 tanks and other armoured fighting vehicles, 1,100 fighting vehicles equipped with MLRS, 4,806 field artillery guns and mortars, as well as 10,167 units of special military vehicles have been destroyed since the beginning of the special military Operation”

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Notizen vom Ende der unipolaren Welt – 81

Posted on by Mathias Broeckers / 65 Comments

“Vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern” – als die Christen  im 4. Jahrhundert zur Staatsreligion des römischen Imperiums aufstiegen,  wurden die konkreten “Schulden”, deren Erlass ihr Meister Jesus gefordert hatte, in allgemeine “Sünden” überführt. Das “Jubeljahr”, die jüdische Tradition alle 7 mal 7 Jahre sämtliche Schulden zu streichen, war abgeschafft und damit, so der Ökonom Michael Hudson in seinem neuen Buch “The Collapse of Antiquity”, der Untergang des römischen Weltreichs besiegelt. Die Dynamik zinstragender Schulden hatte in Griechenland und Rom den Aufstieg von Rentier-Oligarchen ermöglicht, was zu starker wirtschaftlicher Polarisierung, weit verbreiteter Austerität, Revolten, Kriegen und schließlich zum Zusammenbruch geführte hatte. Das “Jubeljahr”, und ähnliche Schuldenerlass-Regeln schon bei den Sumerern und Ägyptern, hatten die Balance zwischen Individualismus und Egalitarismus, Privatbesitz und Gemeinwohl,  zu erhalten versucht. Ihr Zusammenbruch hinterließ dann, so Hudson “der nachfolgenden westlichen Zivilisation eine gläubigerfreundliche Rechtsphilosophie, die zu den heutigen Gläubigeroligarchien geführt hat.” Weil diese für dieselben Polarisierungen, Austerität und Kriege sorgt wie vor 2.000 Jahren, scheint dieser historische Rückblick hoch aktuell, ebenso wie die Forderung, dass ein Jubeljahr, einen globaler Schuldenerlass, mehr als überfällig ist. Hier ein Interview mit Prof.Hudson zu diesem Buch: Teil 1 und Teil 2.

Über die voranschreitende Dollardämmerung und den Niedergang des “Petrodollars” hatten wir in der letzten Sendung des 3. Jahrtausends  schon geredet: wenn große Teile der Welt  die US-Währung immer weniger als nationale Reserve verwenden, weil der Zwang ihr Ölimporte in Dollar zu bezahlen wegfällt – und der Diebstahl von 300 Milliarden russischer Dollar-Reserven auf westlichen Banken das Vertrauen vieler Länder erschüttert hat –  ist die Macht des Greenbacks vorbei. Seine extreme Stärke konnte er nur wegen der erzwungenen weltweiten Nachfrage behaupten, die Druckmaschinen konnten Tag und Nacht laufen, ohne dass die Scheine groß an Wert verloren – und so hat kaum einer gemerkt, dass die Federal Reserve die Dollarmenge seit 2019 so explosiv gesteigert hat wie noch nie, 2021 einfach mal um 25 %.  Was logischerweise einen entsprechenden Wertverlust der Währung mit sich bringen muss, sodass die derzeit noch einstelligen Inflationsraten nicht der Realität entsprechen – aber das dicke Ende wird kommen. Und digitales Zentralbankgeld ist keine Lösung. Ohne Jubeljahr, ohne globalen Schuldenerlass und anschließende Geldreform, ist der Kollaps nicht aufzuhalten…

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Zur Krönung von Karl III. (aka Prince Charles) hat Julian Assange ihm einen Brief geschrieben Hier in der Übersetzung von Uli Gellermann ein kurzer Auszug des unbedingt lesenswerten Schreibens, das Original findet sich  hier:

An Seine Majestät König Karl III,


Anlässlich der Krönung meines Lehnsherrn hielt ich es für angemessen, Sie herzlich einzuladen, diesen bedeutenden Anlass mit einem Besuch in Ihrem eigenen Königreich im Königreich zu begehen: dem Gefängnis Seiner Majestät in Belmarsh. Sicherlich erinnern Sie sich an die weisen Worte eines berühmten Dramatikers: “Die Qualität der Barmherzigkeit ist nicht angestrengt. Sie tropft wie der sanfte Regen vom Himmel auf den Ort darunter.”
Aber was wüsste dieser Barde schon von Barmherzigkeit angesichts der Abrechnung zu Beginn Eurer historischen Herrschaft? Schließlich kann man das wahre Maß einer Gesellschaft daran erkennen, wie sie ihre Gefangenen behandelt, und Euer Königreich hat sich in dieser Hinsicht sicherlich hervorgetan.
Das Gefängnis Belmarsh Eurer Majestät befindet sich an der prestigeträchtigen Adresse One Western Way, London, nur eine kurze Fuchsjagd vom Old Royal Naval College in Greenwich entfernt. Wie reizvoll muss es sein, dass eine so angesehene Einrichtung Ihren Namen trägt.
Hier sind 687 Ihrer treuen Untertanen inhaftiert, was das Vereinigte Königreich zum Land mit der größten Gefängnispopulation in Westeuropa macht. Wie Ihre edle Regierung kürzlich erklärt hat, durchläuft Ihr Königreich derzeit “die größte Erweiterung der Gefängnisplätze seit über einem Jahrhundert”, wobei ihre ehrgeizigen Prognosen einen Anstieg der Gefängnispopulation von 82.000 auf 106.000 innerhalb der nächsten vier Jahre zeigen. Das ist in der Tat ein großes Erbe.
Als politischer Gefangener, der nach dem Willen Eurer Majestät im Auftrag eines beschämten ausländischen Herrschers festgehalten wird, ist es mir eine Ehre, in den Mauern dieser Weltklasseeinrichtung zu leben. Wahrlich, Euer Königreich kennt keine Grenzen. (…)

Es wäre großartig, wenn der Clown auf dem Königsthron der Einladung folgte und nachdem er nun mit 73 Jahren endlich einen Job gefunden hat, dem auch nachgehen würde. Indem er ein Machtwort spricht und königliche Gnade vor amerikanischem Unrecht ergehen läßt und Julian aus dem Kerker befreit. Und sei es nur, um ihn mit goldenen Fußfesseln zu seiner Familie zu entlassen. um dort auf den Prozess zu warten. Leider ist das von einem Typen wie Herrn Windsor nicht zu erwarten, der die britische Kriegsmaschine ölt und morgens seine Diener zusammenscheißt, wenn seine Socken falsch herum auf dem Ankleidetisch liegen. Aber  wir geben die Hoffnung nicht auf: auch  verkniffene, pferdegesichtige Korinthenkacker sind schon über ihren Schatten gesprungen….

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Künstler, Schriftsteller und kritische Intellektuelle fungierten im vergangenen Jahrhundert als Korrektiv einer Politik, die Lügen verbreitete und Kriege führte. Ein solches Gegengewicht existiert heute in dieser Form nicht mehr. Stattdessen, wie der Veteran des investigativen Journalismus John Pilger in einem lesenswerten Essay beschreibt, erleben wir “ein Schweigen, das von einstimmiger Propaganda gefüllt ist.”:

1935 tagte in New York City der Kongress Amerikanischer Schriftsteller, gefolgt von einem weiteren zwei Jahre danach. Sie riefen „hunderte Dichter, Romanciers, Dramatiker, Kritiker, Autoren von Kurzgeschichten und Journalisten dazu auf, „den rapiden Zerfall des Kapitalismus“ und das Heraufziehen eines weiteren Krieges zu diskutieren. Bei den Kongressen handelte es sich um elektrisierende Veranstaltungen, die einem Bericht zufolge von 3.500 Menschen besucht wurden, mehr als tausend weitere Interessierte konnten nicht mehr reingelassen werden. Arthur Miller, Myra Page, Lillian Hellman, Dashiell Hammett warnten vor dem heraufziehenden, oft maskierten Faschismus und mahnten, die Verantwortung liege bei Schriftstellern und Journalisten, sie müssten das Wort erheben. Unterstützungstelegramme von Thomas Mann, John Steinbeck, Ernest Hemingway, C. Day-Lewis, Upton Sinclair und Albert Einstein wurden verlesen. Die Journalistin und Autorin Martha Gellhorn erhob ihre Stimme für die Obdachlosen und Arbeitslosen und „uns alle im Schatten brutaler großer Macht“. Martha, die eine gute Freundin wurde, sagte mir später bei einem Glas Whiskey und Soda: „Die Verantwortung, die ich als Journalistin fühlte, war riesig. Ich hatte die Ungerechtigkeiten und das Leid aufgrund der Wirtschaftskrise miterlebt und wusste, wir alle wussten, was da auf uns zu kam, wenn wir nicht das Schweigen brachen.“ Ihre Worte hallen heute über das Schweigen hinweg nach: Es ist ein Schweigen, das von einstimmiger Propaganda gefüllt ist, die heute nahezu alles vergiftet, was wir lesen, sehen und hören. (…)
weiter hier: John Pilger: Der kommende Krieg – es ist an der Zeit, seine Stimme zu erheben

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Wenn ein erfahrener, kampferprobter Oberst, Panzerkommandeur und hoher Militärberater  wie Douglas MacGregor seine Stimme gegen den Krieg erhebt, sollte man deshalb unbedingt zuhören. Außer gelegentlich bei dem mittlerweile von Fox-News gefeuerten Tucker Carlson kamen und kommen solche Fachleute in den US-Großmedien nicht zu Wort.

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Während in Deutschland darüber gestritten wird, ob russische Fahnen am Tag der Befreiung vom Faschismus gezeigt werden dürfen oder was am sowjetischen Ehrenmal die Nationalfahnen der (erst seit 1991 existierenden) Ukraine zu suchen haben, hat Russlands Ex-Präsident Medwedew, auf Twitter stets der Mann für´s Grobe, die “Erben des 3. Reichs in der EU”,  daran erinnert, wer sie 1945 von den Nazis befreit hat

Leider haben das heutige Europa und seine verkommenen Führer ein sehr kurzes Gedächtnis. Aber wir werden uns immer an die Helden des Zweiten Weltkriegs erinnern. Unser Land hat den Faschismus 1945 ausgerottet. Haben Sie keinen Zweifel: Im heutigen Europa werden wir den abscheulichen Bandera-Neonazismus, der von den Erben des Dritten Reiches in der EU so sehr geliebt wird, vernichten. Um des Gedenkens an unsere Väter und Großväter willen.

Alles Gute zum großen Tag des Sieges!

Aber was ist denn das ? Heute morgen, 8.Mai 2023, das rote  Siegesbanner auf dem Reichstag in Berlin. Waren da russische Hacker am Werk ? Oder ist das nur ein Photoshop-Fake ? Hier dazu auch  noch ein Video.  Wie auch immer. Vielleicht hat sich ja nur ein Reichstags-Aushilfshausmeister, der noch nicht an Geschichts-Alzheimer leidet, die Freiheit genommen, sich bei der Roten Armee für die Befreiung vom Faschismus zu bedanken. Was auf jeden Fall und unbedingt angemessen ist. Vor einem Jahr konnte ich in Moskau meinen Dank und den Respekt für das “Unsterbliche Regiment” persönlich zeigen. Der Rat, den ich am Ende  des Artikels darüber gab, ist nach wie vor – und zigtausende Leichen später, deren Berge mit einer “Frühjahrsoffensive” noch erhöht werden sollen  –  aktueller denn je : “Wer glaubt, dass NATOstan nach den großen Erfolgen in Irak, Syrien und Afghanistan jetzt gelingt, was Napoleon und Hitler versagt blieb, ist nicht mehr zu retten. Allen anderen, die dem schrecklichen Krieg ein Ende setzen wollen, kann ich nur zur weißen Fahne raten.”

UPDATE: Fakealarm – Laut dpa wehte die rote Fahne nicht am 8.5.2023

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Neu erschienen:
Mathias Bröckers : Vom Ende der unipolaren Welt , ‎ Fifty-Fifty (2022),  288 Seiten, 20 Euro

Der internationale Bestseller über die Geschichte und Hintergründe des Ukraine-Kriegs:

Mathias Bröckers/Paul Schreyer: Wir sind IMMER die Guten – Ansichten eines Putinverstehers oder wie der kalte Krieg neu entfacht wird, Westend Verlag (2019)

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